Ludwig van Beethoven
Klavierquartette
Dass Beethoven nur vier Klavierquartette hinterließ, kann man nur bedauern, denn die vier Opera gehören zu den beliebtesten Werken dieses Genres. Drei davon, die Quartette WoO 36, sind noch in Bonn entstanden und gehören zu Beethovens besten Jugendwerken überhaupt. Auch wenn sie Mozart’schen Geist atmen, sind sie doch schon typischer Beethoven. Wie sehr er sie auch später noch schätzte, geht daraus hervor, dass er den langsamen Satz des dritten Quartetts in seiner ersten Klaviersonate, op. 2 Nr. 1, wiederverwendete. Das vierte Quartett stellt eine andere Fassung des Bläserquintetts op. 16 dar.
Inhalt/Details
Über den Komponisten
Ludwig van Beethoven
Kein Komponist hatte auf die unmittelbar folgenden Generationen bis in die heutige Zeit einen so tiefgreifenden und nachhaltigen Einfluss wie Beethoven. Seine Instrumentalmusik, besonders seine Sinfonien, dienten als Modell, auf das sich sinfonisches Komponieren des ganzen 19. Jh.s bezog. Der außerordentlich hohe Anspruch seiner Musik und seine relative Unabhängigkeit als freischaffender Künstler stilisierten ihn zum größten Komponisten aller Zeiten.
1770 | Am 17. Dezember 1770 in Bonn getauft, daher wahrscheinlich am 16. Dezember geboren als Sohn Johann van Beethovens, Tenorist an der kurfürstlichen Hofkapelle. Erster Musikunterricht beim Vater. |
1778 | Erstes öffentliches Auftreten. |
um 1780 | Musikunterricht bei dem Vizehoforganisten Christian Gottlob Neefe, der ihn 1783 in Cramers „Magazin der Musik“ als einen zweiten Mozart vorstellt. |
1782 | Bekanntschaft mit der Familie Breuning, wo sein literarisches Interesse geweckt wird. Erste Veröffentlichung: Klaviervariationen c-Moll über einen Marsch von Dressler WoO 63. |
1783 | Cembalist in der Hofkapelle; 1784 Assistent des Hoforganisten. |
1787 | Reise nach Wien. Hier trifft er mit großer Wahrscheinlichkeit mit Mozart zusammen, der ihm vermutlich einige Unterrichtsstunden erteilt. Nach kurzer Zeit muss er zu seiner an Tuberkulose erkrankten Mutter heimkehren. |
1792 | Er reist erneut nach Wien, wo er bis zum Ende seines Lebens bleibt. Graf von Waldstein gibt ihm die berühmten Worte mit auf den Weg: „Durch ununterbrochenen Fleiß erhalten Sie: Mozarts Geist aus Haydns Händen“. In Wien nimmt er Unterricht bei Haydn, Albrechtsberger, Schuppanzigh und Salieri. Als Schüler Joseph Haydns findet erin Wiener Adelskreisen außerordentliche Anerkennung und wird gefördert. Große Nachfrage der Verlage nach seinen Kompositionen: Kammermusik und Klaviersonaten aus der Bonner und der frühen Wiener Jahre werden veröffentlicht. Seine ersten in Wien gedruckten Werke (darunter die Klaviersonaten op. 2) haben bereits das seine Kompositionsweise kennzeichnende Merkmal des vorwärts drängenden, schwungvollen, prozessualen Charakters. |
1796 | Konzertreise nach Prag, Berlin, Leipzig und Dresden, die seinen Ruhm festigt. |
1798 | Klaviersonate c-Moll „Pathétique“ op. 13. |
1798–1800 | Streichquartette op. 18. |
1799/1800 | 1. Sinfonie C-Dur op. 21. |
1795/1800 | 1. Klavierkonzert C-Dur op. 15. |
1800–01 | Klaviersonaten op. 27 „quasi una fantasia“, darunter die Mondscheinsonate op. 27/2. |
1801 | Entstehung der 2. Sinfonie D-Dur op. 36 (bis 1802). Druck des 2. Klavierkonzerts B-Dur op. 19. |
1801/1802 | Durch beginnendes Hörleiden hervorgerufene Krise, die das „Heiligenstädter Testament“ dokumentiert. Danach beginnt er nach eigener Aussage kompositorisch einen „Neuen Weg“, der sich besonders in den Klaviersonaten op. 31 (darunter die Sturmsonate), in den Klaviervariationen op. 34 und 35 und in der 3. Sinfonie Es-Dur „Eroica“ op. 55 niederschlägt: Sie zeichnen sich durch gesteigerte Prozessualität sowie die Verwendung von barocken Techniken und von Modellen anderer Gattungen aus. |
1803–10/12 | Schaffensrausch; die Jahre werden als Beethovens heroische Phase bezeichnet. Es entstehen die 3. bis 8. Sinfonie (op. 55, 60, 67, 68, 92, 93), das 3. bis 5. Klavierkonzert (op. 37, 58, 73), das Violinkonzert D-Dur op. 61, das Tripelkonzert op. 56, Streichquartette (Razumowsky-Quartette op. 59, Harfenquartett Es-Dur op. 74, Streichquartett f-Moll „serioso“ op. 95), Klaviertrios (u. a. Geistertrio op. 70), Klaviersonaten (u.a. Waldsteinsonate C-Dur op. 53, die Appassionata f-Moll op. 57 und Les Adieux Es-Dur op. 81a), Lieder (u. a. „An die Hoffnung“ op. 32), die Messe C-Dur (op. 86) und die Oper „Fidelio“ (op. 72, 1. Fassung 1804/5). |
1808/09 | Einen Ruf zum ersten Kapellmeister an den Kasseler Hof lehnt Beethoven ab, da seine Mäzene Erzherzog Rudolph, Fürst Kinsky und Fürst Lobkowitz ihm ein entsprechendes Jahresgehalt anbieten. |
1811/12 | Badereisen nach Teplitz, wo er mit Goethe zusammentrifft. 1812 Brief an die „unsterbliche Geliebte“, deren Identität (Antonie Brentano oder Josephine Deym) nach wie vor ungeklärt ist. |
1814 | Klaviersonate e-Moll op. 90, 3. Fassung der Oper „Fidelio“. Außerordentlich erfolgreiches Konzert mit der 7. und 8. Sinfonie. Dennoch finanzielle Krise, bedingt durch die Geldabwertung und durch das Ausbleiben der Jahresgehälter von Kinsky und Lobkowitz. |
1815 | Tod des Bruders Caspar Carl und Beginn des jahrelangen Streits um die Vormundschaft des Neffen Karl. |
1816 | Liederzyklus „An die ferne Geliebte“ op. 98, Klaviersonate A-Dur op. 101. |
1817–18 | Hammerklaviersonate B-Dur op. 106. |
1818 | Beethoven beginnt wegen zunehmender Schwerhörigkeit Konversationshefte zu führen. |
1819–23 | Missa solemnis op. 123. |
1819/1823 | Diabelli-Variationen op. 120. |
1820 | Klaviersonate E-Dur op. 109, die am Beginn des verklärten Spätwerks steht, das durch Sprengung der Formen, extreme Klangregister, fortgeschrittene Harmonik und verstärkte Tendenz zu kontrapunktischen Formen wie der Fuge geprägt ist; dem Hang zur Esoterik in der Kammermusik steht die Monumentalität der 9. Sinfonie gegenüber. |
1821/22 | Klaviersonaten As-Dur op. 110 (Fuge im Schlusssatz) und c-Moll op. 111 (Reduktion auf 2 Sätze). |
1822–26 | Streichquartette op. 127, 130, 131, 132, 135 sowie die Große Fuge op. 133, die ursprünglich den Schlusssatz von op. 130 bildete. |
1823/24 | Fertigstellung der 9. Sinfonie d-Moll op. 125, die erstmals in der Geschichte der Gattung Singstimmen (Schillers „Ode An die Freude“) mit einbezieht. Sie wird zur berühmtesten und am häufigsten gespielten Sinfonie. |
1827 | Er stirbt am 26. März in Wien. |
Über die Autoren
Hans-Martin Theopold (Fingersatz)
Prof. Hans-Martin Theopold wird am 22. April 1904 als jüngstes von fünf Kindern einer Pfarrfamilie in Detmold geboren. Schon als Kind spielt er häufig die Orgel der „Marktkirche“ und nimmt bald Klavierunterricht (bei Theodor Vehmeier), mit 17 Jahren debütiert er als mit Ludwig van Beethovens Klavierkonzert C-dur am Detmolder Landestheater unter der Leitung von Friedrich Quast (Herford). Nach am Gymnasium Leopoldinum Detmold bestandenen Abitur studiert er Musik und Klavier (Hauptfach): 1922–23 zunächst an der Württembergischen Hochschule für Musik in Stuttgart (bei Max von Pauer, 1866–1945) und daraufhin 1923–1928 an der staatlichen akademischen Hochschule für Musik in Berlin-Charlottenburg (bei Richard Rössler, 1880–1962, und Waldemar Lütschg, 1877–1948). Im Anschluss an seine mit Prädikatsnote „sehr gut“ abgeschlossenen Klavierstudien im Jahr 1928 entfaltet Theopold eine rege solistische Konzerttätigkeit im In- und Ausland (USA, Schweiz, Skandinavien, Baltikum, Balkan). Auch als Mitglied der Kammermusikvereinigung der Staatsoper Berlin (seit 1933) gibt er unzählige Kammermusikkonzerte, unter anderem mit seinem langjährigen Violinpartner Gustav Havemann (1882–1960).
Publikum und Presse feiern Theopold in den 1930er-Jahren als außerordentliche Pianisten-Begabung: „Dieser junge Künstler hat das Zeug in sich, in Bälde einer der besten Spieler Deutschlands zu werden. Eine überragende Technik, ein wundervoll singender Klavierton, eine titanische Kraft, der durch eine unvergleichlich weiche Elastizität des Anschlages jede Härte genommen ist“ [Münchener Zeitung, 21. November 1933]. – „Von seinem blendenden pianistischen Können gab H. M. Theopold überzeugende Beweise in einer modern gerichteten, stark fesselnden Sonate von Alban Berg, vor allem aber in Schuberts […] in geschliffener Technik und gestalterischer Kraft gespielter Wanderer-Fantasie“ [Weser-Zeitung, 21. Dezember 1932]. Theopold erhält mehrere Preise, darunter schon 1928 den „Grotrian-Steinweg-Preis“.
Im Jahr 1937 wird Theopold zum Vertragslehrer für das Hauptfach Klavier am „Bayerischen Staatskonservatorium der Musik“ in Würzburg ernannt. 1939 erfolgt die Verehelichung mit der aus Moskau stammenden Irene Tatjana Wülfing. Ab 1943 übernimmt Hans-Martin Theopold die Leitung der Meisterklasse für Klavier an der „Nordischen Musikschule“ in Bremen, die durch die Kriegsereignisse abgebrochen wird. Nach Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft konzertiert und unterrichtet Theopold ohne Festanstellung. 1955–1956 fungiert er zunächst als Leiter der Meisterklasse für Klavierspiel des „Bergischen Landeskonservatoriums“ Wuppertal und wird schließlich am 1. April 1956 zum Professor für das Fach Klavier an das „Staatliche Institut für Schul- und Volksmusik“ in Detmold, später „Nordwestdeutsche Musikakademie Detmold“ (heute „Hochschule für Musik Detmold“) berufen. Hier entfaltet er eine jahrzehntelange rege Lehrtätigkeit. Am 30. September 1969 wird er in den Ruhestand verabschiedet. „Seine Schüler rühmen an ihm seine pädagogische Begabung. […] Humor, Charme, Hilfsbereitschaft und Herzensgüte mildern die Strenge seiner Berufsauffassung als Musiker und Lehrer“ (Lippische Rundschau, 23.4.1969; siehe auch: Lippische Landeszeitung 22.4.1969 zum 65. Geburtstag Theopolds: „Prof. Theopold, ein bescheidener, gleichwohl vitaler Mann, ist ein begeisterter Pädagoge“). Im Jahr 2000 stirbt Theopold in Detmold.
Der Kontakt zu Günter Henle kam unmittelbar nach Gründung des Verlags zustande, als sich Theopold mit großem Enthusiasmus für die ersten Urtextausgaben des gerade gegründeten Musikverlags bedankte. Eine umfangreiche Korrespondenz des Verlagsarchivs wurde 2014 der Lippischen Landesbibliothek vermacht, um sie der interessierten Öffentlichkeit langfristig zugänglich zu machen. Diese Korrespondenz beweist einerseits Theopolds starkes Interesse an musikalischen Quellen- und Textfragen, andererseits seine anfängliche strikte Ablehnung (!) von Fingersätzen in solchen textkritischen Ausgaben: „Denn Fingersätze sind und bleiben trotz aller Qualität eine individuelle Angelegenheit“ (Brief an Günter Henle vom 26. Mai 1949). Günter Henle lässt sich jedoch nicht beirren und pocht auf die Notwendigkeit von Fingersätzen in seinen Urtextausgaben: „Es ist doch besser, man bringt den Urtext […] mit Fingersätzen, die für einige wenige entbehrlich sind oder gar, ich gebe es zu, vielleicht da und dort störend empfunden werden“ (Brief an Hans-Martin Theopold vom 17. September 1953).
Erst im Jahre 1955 nimmt Hans-Martin Theopold erstmals das Angebot Günter Henles an, versuchsweise Fingersätze für eine gerade im Entstehen begriffene Urtextausgabe beizusteuern (HN 74, Schubert, Tänze für Klavier, Band 1). In rascher Folge bekommt Theopold daraufhin nahezu sämtliche Fingersatzaufträge für Neuerscheinungen des Verlags übertragen. Günter Henle, selbst ein guter Klavierspieler, schätzte die Fingersätze Theopolds sehr, auch seine damit verbundenen zahlreichen Anregungen, den eigentlichen Notentext betreffend. Außerdem war Theopold in der Zusammenarbeit stets zuverlässig, gründlich und gewissenhaft – ein nicht unwesentlicher Aspekt in der Verlagsarbeit.
Hans-Martin Theopold hat deshalb bis heute mit großem Abstand die meisten Urtext-Ausgaben des G. Henle Verlags mit seinen Fingersätzen versehen. Es sind schließlich 226 Editionen (!) geworden. Eine Laudatio des G. Henle Verlags, im Jahre 2014 aus Anlass einer Gedenkfeier zu Theopolds 110. Geburtstag verfasst, kann man » hier lesen. Wir danken Frau Margot Theopold sowie der Hochschule für Musik Detmold für vielfältige Unterstützung und Bereitstellung biographischen Materials.
G. Henle Verlag
Angaben zur Produktsicherheit
G. Henle Verlag
Hier finden Sie die Informationen zum Hersteller des Produkts.G. Henle Verlag e.K.
Forstenrieder Allee 122
81476 München
Deutschland
info@henle.de
www.henle.com
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