Johann Sebastian Bach
Violinsonaten BWV 1020, 1021, 1023
Diese drei einzeln überlieferten Sonaten bergen Zuschreibungsprobleme in sich. BWV 1020 (Sonate g-moll) stammt möglicherweise vom Sohn Carl Philipp Emanuel und wird heute in erster Linie auf der Flöte gespielt, obwohl die Quellen sie der Violine zuweisen. Auffällig ist aber, dass das d1 in der Melodie nirgends unterschritten wird. Es könnte sich also um die Flötenbearbeitung einer Violinsonate handeln. Die beiden anderen Sonaten stehen quellenmäßig ebenfalls auf unsicheren Beinen. Andrerseits sind deren schöne langsame Sätze von einer melodischen Beschaffenheit, wie man sie oft bei J. S. Bach findet. Solange sich keine Belege für andere Komponisten finden, bleibt man bei der traditionellen Zuschreibung an den Vater Bach.
Inhalt/Details
Über den Komponisten
Johann Sebastian Bach
Für viele Musiker ist er „Anfang und Ende aller Musik“ (Max Reger). Bis auf die Oper komponiert Bach Meisterwerke für jedwede Besetzung und Gattung seiner Zeit. Das Werkverzeichnis zählt fast 1100 Werke, darunter die großen Passionen nach Matthäus und Johannes, die Goldberg-Variationen, die Brandenburgischen Konzerte oder hunderte einzigartiger Kantaten. Als Organist in Mühlhausen und Weimar schafft er primär Orgelkompositionen, Konzerte und kammermusikalische Werke. Später dann, als Kapellmeister in Köthen und während seinen Jahrzehnten als Kantor in Leipzig, entstehen vornehmlich geistliche Vokalkompositionen und Klavierwerke. Seine späteren, kontrapunktisch komplexen Kompositionen gewinnen enormen Einfluss auf das Komponieren späterer Generationen.
1685 | Er wird am 21. März in Eisenach als Sohn des Dirigenten und Hofmusikers Johann Ambrosius Bach geboren. |
1693–95 | Er besucht die Lateinschule in Eisenach. |
1695–1700 | Besuch des Lyzeums in Ohrdruf, wo er nach dem Tod der Eltern bei seinem ältesten Bruder Johann Christoph lebt; u.a. Organist und Schüler Pachelbels. |
ab 1700 | Mitglied im Lüneburger Mettenchor. Reisen nach Hamburg, um Reincken an der Orgel zu hören. |
1703 | Anstellung in Weimar für zwei Quartale (bei Herzog Johann Ernst dem Älteren). |
1703–07 | Organist in Arnstadt. Komposition von Orgelwerken, möglicherweise frühe Präludien und Fugen BWV 531, 549a, 575, Choräle der Neumeister-Sammlung BWV 1090-95, 1097-1120, Choralpartiten BWV 766-768, 770. |
1705 | Reise nach Lübeck zu Buxtehude. |
1707–08 | Anstellung in Mühlhausen als Organist an St. Blasius. Komposition seiner ersten Kantaten (BWV 71 und 131, wahrscheinlich auch BWV 4, 106, 150, 196). |
1708–17 | Anstellung in Weimar bei Herzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar als Organist; Komposition des Orgelbüchlein BWV 599-644, von Präludien (Toccaten, Fantasien) und Fugen (wahrsch. BWV 894, 903, 944, 910-916), der Passacaglia c-Moll BWV 582, des Pièce d’orgue G-Dur BWV 572; Orgeltranskriptionen von Instrumentalkonzerten, u. a. Vivaldis „L’estro armonico“. Ab 1714 Konzertmeister, Komposition von Kantaten. |
1710 | Geburt von Wilhelm Friedemann Bach. |
1714 | Geburt von Carl Philipp Emanuel Bach. |
um 1713 | Uraufführung der Kantate „Was mir behagt, ist nur die muntre Jagd!“ BWV 208 in Weißenfels. |
1717–23 | Anstellung in Köthen bei Fürst Leopold von Anhalt-Köthen als „Hofkapellmeister und Direktor der fürstlichen Kammermusiken“. Er komponiert hauptsächlich Klaviermusik (Vollendung der Englischen Suiten BWV 806-811, Beginn der Französischen Suiten BWV 812-817 um 1722, Klavierbüchlein für Wilhelm Friedemann Bach ab 1720, „Das Wohltemperierte Klavier“ 1. Teil, 1722, Beginn des 1. Klavierbüchlein für Anna Magdalena Bach ab 1722, Inventionen und Sinfonien für Klavier (BWV 772-801, 1723), Kammermusik (Sonaten und Partiten für Violine solo BWV 1001-1006, 1720), Konzerte (Brandenburgische Konzerte BWV 1046-1051, dem Markgrafen von Brandenburg gewidmet, 1721); wenige weltliche Kantaten (u. a. BWV 134a, 173a). |
1723–50 | Kantor an der Thomaskirche in Leipzig. |
1723–29 | Erste Leipziger Phase, die primär von kirchenmusikalischen Kompositionen bestimmt ist. |
1723/24 | 1. Kantatenjahrgang: Integration des Weimarer und Köthener Kantatenbestands; Parodieverfahren, d.h. Umtextierung der Kantaten für neue Zwecke. |
1724 | Aufführung von Johannes-Passion BWV 245 und Magnificat BWV 243a. |
1724/25 | 2. Kantatenjahrgang mit neuen Kompositionen. |
1726 | Druck der 1. Partita der späteren Clavierübung BWV 825-830. |
1727 | Aufführung der Matthäus-Passion BWV 244. |
1729–39 | Zweite Leipziger Phase, die durch die Leitung des von Telemann gegründeten Collegium musicum (1729- 1737 und 1739 bis mindestens 1741) und damit die Komposition von Instrumentalwerken sowie durch die Komposition großer Vokalwerke geprägt ist. |
um 1730 | 6 Triosonaten für Orgel (BWV 525-530), bedeutende Präludien und Fugen (h-Moll BWV 544, C-Dur BWV 547, e-Moll BWV 548). |
ab/um 1730 | Begründung eines neuen Konzerttyps mit den Konzerten für 1-4 Cembali (die fast alle Transkriptionen von Konzerten mit solistischen Melodieinstrumenten sind). Weitere instrumentale Ensemble-Kompositionen. |
1731 | Aufführung der Markus-Passion BWV 247 (verschollen). Reise nach Dresden zur Aufführung einer Oper von Hasse. Clavierübung 1. Teil BWV 825-830. |
1733 | Komposition einer lutherischen Messe (Kyrie und Gloria), deren Sätze später in die h-Moll-Messe BWV 232 eingehen; er bittet damit den Kurfürsten Friedrich August II. in Dresden um Verleihung eines höfischen Titels. |
1734/35 | Uraufführung des Weihnachtsoratorium BWV 248. |
1735 | Himmelfahrts-Oratorium BWV 11. Geburt von Johann Christian Bach. Clavierübung 2. Teil BWV 971, 831. |
1736 | Titel des Hof-Compositeurs durch Friedrich August II. |
um 1738/39 | 4 Lutherische Messen BWV 233-236. |
1739–50 | 3. Leipziger Phase, die durch die Komposition des Spätwerks geprägt ist, das sich durch Stile antico und komplizierte kontrapunktische Techniken auszeichnet. Höhepunkt von Bachs klavieristischem Œuvre. |
1739 | Clavierübung 3. Teil BWV 802-805. |
1741 | Clavierübung 4. Teil BWV 988 (Goldberg-Variationen). |
1739/42 | Wohltemperiertes Klavier 2. Teil BWV 870-893. |
1747 | Reise nach Potsdam, wo er eine Fuge über ein Thema des Königs improvisiert, aus der das „Musikalische Opfer“ BWV 1079 entsteht. Mitglied der Correspondirenden Societät der musicalischen Wissenschaften; Einreichung der Canonischen Veränderungen über „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ BWV 988 als Mitgliedsbeitrag. Schübler-Choräle BWV 645-650. |
1749 | Abschluss der h-Moll-Messe, die größtenteils auf früher entstandenen Kompositionen basiert, die umgearbeitet und ergänzt wurden. |
1750 | „Kunst der Fuge“, die unvollendet bleibt. Er stirbt am 28. Juli in Leipzig. |
Über die Autoren
Kurt Guntner (Fingersatz Violine)
Prof. Kurt Guntner wurde an Mozarts 183. Geburtstag 1939 in München geboren. Seine Lehrer waren Ludwig Ackermann, Max Rostal und Henryk Szeryng. Mit 18 Jahren debütierte er im Kongreßsaal des Deutschen Museums in München mit dem Beethoven-Konzert und den Münchner Philharmonikern. Mit 22 erspielte er sich eine 1. Konzertmeisterstelle im Bayerischen Staatsorchester. Nach 10 ereignisreichen Jahren an der Bayerischen Staatsoper unter Dirigenten wie Ferenc Fricsay, Joseph Keilberth und Hans Knappertsbusch, berief ihn Rudolf Kempe als 1. Konzertmeister zu den Münchner Philharmonikern und gab ihm die Möglichkeit, als Solist zahlreiche Konzerte der großen Geigenliteratur zu spielen.
Besonders reizvoll waren die Einladungen des Bayerischen Rundfunks zur Aufführung und Produktion selten gespielter großer Violinkonzerte, etwa von Casella, Schillings, Szymanowsky und anderen. Kurt Eichhorn initiierte diese Reihe – Jan Koetsier, Marek Janowski und andere leiteten weitere Konzerte. Als 1. Konzertmeister war Kurt Guntner über viele Jahre im Bayreuther Festspielorchester, im Münchner Bachorchester unter Karl Richter, in der Solistengemeinschaft der Bachwoche Ansbach und bei den Münchner Bachsolisten engagiert. 1972 fand sich das international gefeierte ODEON-TRIO, mit der Cellistin Angelica May und dem Pianisten Leonard Hokanson zusammen, mit dem Guntner 25 Jahre lang weltweit reiste und konzertierte. 1976 wurde Guntner auf einen ordentlichen Lehrstuhl für Violine an die Hochschule für Musik und Theater in München berufen, wo er 28 Jahre lang Studenten aus aller Welt unterrichtete.
Zahlreiche Rundfunk-, Fernseh-, Schallplatten- und CD-Aufnahmen dokumentieren Guntners künstlerischen Weg. Karl Schumann beschrieb Guntners breit angelegte Musikerpersönlichkeit so: "Kurt Guntner ist Orchesterpraktiker, Solist, Kammermusiker und Pädagoge in einer Person".
1997 wurde Kurt Guntner das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen.
Kurt Guntner starb am 9. Januar 2015 in München.
Mit dem G. Henle Verlag verband Kurt Guntner eine jahrzehntelange Freundschaft. Er begleitete seit dem Ende der 1980er-Jahre zahlreiche Violinmusik-Urtextausgaben des Verlags und stellte seine pädagogisch ausgefeilten Strichbezeichnungen und Fingersätze zur Verfügung, darunter zu den Violinkonzerten Bachs, Haydns, Mozarts, Bruchs und Tschaikowskys, sowie zu zahlreichen weiteren Ausgaben.
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